Auf dem Tisch im Herrenzimmer liegt ein aufgeschlagenes Musterbuch, in dem sich zahlreich Stoffmuster befinden.
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Das Museum

Luxuriöses Wohnen und feine Tuche unter einem Dach

Das von dem Tuchmacher Johann Heinrich Scheibler um 1760 erbaute Rote Haus vereint seit jeher Wohnen und Arbeiten unter einem Dach. Der Hausteil „Zum goldenen Helm“ diente ihm und seiner Familie als repräsentatives Wohnhaus, vom Hausteil „Zum Pelikan“ aus wurde der Handel und die Produktion seiner europaweit begehrten feinen Wolltuche geleitet.

Sechs Generationen der Familie Scheibler nutzten über 200 Jahre das Haus und bewahrten seine Geschichte. 1963 gründeten sie zusammen mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) eine Stiftung, um dieses einzigartige Denkmal aus Monschaus Tuchmacherglanzzeit zu erhalten, auszubauen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Der Hausteil „Zum goldenen Helm“

Eingerichtet mit Möbeln im Stil des Rokoko, Louis-seize und Empire, spiegelt der Hausteil, in dem die Familie lebte das erfolgreiche Wirken der Tuchmacher-Dynastie glanzvoll wider.

 

Der Empfang im Erdgeschoss und die Küche im Keller

Marmorierte Wände, Kristalllüster und vergoldete Spiegel bieten einen beeindruckenden Empfang. Die kostbare Leinwandtapete im Herrenzimmer mit  vorgetäuschter Gemäldegalerie oder das Hochzeitsservice mit Familienwappen auf dem festlich gedeckten Tisch im Esszimmer ziehen die Blicke auf sich. Selbst die Küche im Keller weiß mit ihren frisch polierten Messing- und Kupferkesseln zu glänzen.

Ein vergoldeter Ritterhelm mit drei Federn zur Bekrönung ruht auf einem halbrunden Sockel mit dem Schriftzug "Zum goldenen Helm". Das Hauszeichen hängt an der roten Fassade über der linken Eingangstüre des Roten Hauses und gibt dem Hausteil, in dem die Familie wohnte, seinen Namen. Darunter ziert ein springender Widder im Schlussstein den Türbogen, das Wappentier der Familie Scheibler. Ein Oberlicht in Weiß- und Goldtönen und einem Laternenkasten in der Mitte bildet den Übergang zur braunen EIchenholztür.

Hauseingang „Zum goldenen Helm“
© LVR-ZMB / Stefan Arendt

Die einzigartige Prunktreppe

Einen schwindelerregenden Durchblick bietet das offene Treppenauge der prunkvollen Eichenholztreppe aus der Rokokozeit. Freitragend gebaut führt diese außergewöhnlich reich verzierte Treppe mit elegantem Schwung über drei Stockwerke. Im Außengeländer ließ der Bauherr 21 Motive mit Stationen seiner Tuchherstellung kunstvoll einarbeiten. Kleine Puttenfiguren sind beim Hüten der Schafe, Waschen, Färben, Spinnen, Weben, Walken und Scheren bis hin zum Verpacken und Verladen der fertigen Stoffballen zu sehen. Im Innengeländer werden allegorisch die vier Jahreszeiten, Tageszeiten und Grundelemente verdeutlicht.

Ein geschnitztes Bildfeld aus der Prunktreppe zeigt einen kleinen Putto beim Spinnen der Wolle.

Das Spinnen – Motiv aus der Prunktreppe
© RHM / B. Gonnermann

Gesellschaftliches Leben im 1. OG

Salons mit Familienporträts und edlen Sitzgarnituren im ersten Stock, ein kleines Kabinett mit Landschaftstapete – vor allem der große, lichtdurchflutete Festsaal mit rosenumrankter Stuckdecke und Parkettfußboden lassen ein reges gesellschaftliches Leben vermuten. Die Einrichtung wurde vor allem von der 5. und 6. Generation Scheibler ab 1909 aus Familienerbstücken und Ankäufen aus dem Kunsthandel liebevoll wieder zusammengestellt.

Wohnraum mit blauer Wandfarbe und Teppich. Auf dem Tisch der Sitzgruppe steht eine Dröppelmina, an den Wänden befinden sich Gemälde mit Familienporträts. Aus der Mitte der Decke ragt ein 18 armiger Messingkronleuchter mit Weinlaubranken heraus. Zwei große Sprossenfenster lassen warmes Sonnenlicht ein.

Blauer Salon
© LVR-Zentrum für Medien und Bildung / Stefan Arendt

Intime Schlafräume im 2. OG

Schlafräume mit prunkvollen Betten, Babywiegen und Kinderstühlen, Waschschüssel und Bidet erlauben im 2. Stock den Blick in den privaten Lebensbereich der Familie. Badezimmer im heutigen Sinne sucht man allerdings vergebens. Nachdem aufgrund der Seuchengefahr die meisten mittelalterlichen Badestuben geschlossen worden waren, galt das Waschen bis ins 18. Jahrhundert hinein als ungesund. Man glaubte, das Wasser öffne die Poren der Haut und mache sie durchlässig für Krankheiten. Die unangenehmen Körpergerüche wurden lieber mit Puder und Parfum überdeckt.

 

 

Im Schlafzimmer steht ein Elternbett zusammen mit einer Kinderwiege. Am Fußteil des Bettes lehnt eine Bettwärmpfanne aus Messing. Rechts davon steht eine Kommode mit Waschschüssel und Hängespiegel. Ein niedriger Stuhl mit Sitzwaschbecken, ein sogenanntes Bidet, ergänzt das Hygiene-Ensemble.

Rokoko-Schlafzimmer
© LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland / Silvia M. Wolf

Der Hausteil „Zum Pelikan“

Vier neu eingerichtete Themenräume widmen sich der aufwendigen Herstellung der im 18. Jahrhundert europaweit gehandelten Monschauer Tuche, der Bedeutung der Familie und Ihrem Haus als Produktionsstätte und Handelssitz.

 

Homestory – Die Familie und das Rote Haus

In der überwiegend katholischen Eifel heirateten die Mitglieder der protestantischen Oberschicht der Feintuchmacher untereinander. Die lebensgroßen Porträts und persönlichen Gegenstände beleuchten heute eindrucksvoll den sozialen Hintergrund dieser außergewöhnlichen Familie und ihr durch Verwandtschaft verbundenes, wirtschaftlich starkes Netzwerk.

Ein von allen Seiten zu betrachtendes Modell des Roten Hauses gibt Einblicke in die unterschiedlichen Wohn- und Arbeitsbereiche und lässt architektonische Besonderheiten wie den Verlauf der Kanäle in den Kellerräumen entdecken.

Ein vergoldetes Hauszeichen in Gestalt einer Pelikanmutter mit ihren drei Kindern hängt an der roten Fassade über der rechten Eingangstüre des Roten Hauses und gibt dem Hausteil, in dem gearbeitet wurde, seinen Namen "Zum Pelikan". Darunter ziert ein springender Widder im Schlussstein den Türbogen, das Wappentier der Familie Scheibler. Ein mit Rocaillen verziertes Oberlicht in Weiß- und Goldtönen und einem Laternenkasten in der Mitte bildet den Übergang zur braunen Eichenholztür.

Hauseingang „Zum Pelikan“
© LVR-ZMB / Stefan Arendt

Viel zu tun – Tuchherstellung in Hand- und Heimarbeit

Die einzigartigen Motive der Arbeitsschritte aus der historischen Prunktreppe wurden mit modernster Technik dreidimensional nachgedruckt. An ihnen lässt sich der aufwendige Weg von der Wolle bis zum Tuch im Detail erfassen. Man erfährt wofür kuriose Zusatzstoffe wie Urin oder Disteln benötigt wurden. Ein Wollfärberbuch offenbart die geheimen Farbrezepte. Highlight ist eine riesige, originale Tuchschere, deren Handhabung heute nur noch schwer vorstellbar ist. Wer die feine Qualität der damaligen Stoffe erfühlen möchte, kann dies an aufwendig und von Hand nachgewebten Stücken erleben.

Die vielen benötigten Arbeitskräfte waren nicht nur in Monschau selbst, sondern auch in der weiteren Umgebung in Heimarbeit tätig – oft in sehr engen und ärmlichen Verhältnissen. Einige Arbeitsplätze – wie z. B. eine Spinn- oder Webstube – werden beim Blick durch stereoskopische Guckkästen effektvoll in Szene gesetzt. Eine Wandgrafik erklärt das komplexe Verlagssystem der Monschauer Feintuchmacher.

Neben dem Schattenriss einer Figur, die das Tuchscheren zeigt, hängt ein metallener Guckkasten an der Wand. Darin wird ein Kupferstich mit Männern beim Rauen und Scheren mit räumlicher Tiefenwirkung dargestellt.

Guckkasten Scheren
© LVR-Zentrum für Medien und Bildung / Stefan Arendt

Luxus pur – Mode, Muster und globaler Handel

Das historische Musterbuch der Monschauer Feintuchfabrikanten und das auf zwölf Meter ausrollbare Buch der Firma Scheibler entführen mit mehr als 5500 verschiedenen Stoffmustern in die bunte Welt der edlen Wollstoffe. Eine Medienstation ermöglicht dabei das digitale Blättern durch ausgewählte Seiten. Einzelne Muster lassen sich in Form einer Weste auf eine Figurine projizieren.

Die Monschauer Feintuchmacher haben ihr exklusives Tuch in ganz Europa und darüber hinaus verkauft. Die zur Herstellung benötigten Materialien wie spanische Merinowolle oder Farbstoffe mussten ebenfalls von weit her importiert werden. Eine Wandgrafik zeigt die Transportwege, Verkehrsmittel und Wegzeiten der Waren-Transporte am Beispiel der Fa. Scheibler um 1800. Sie macht den enormen Aufwand deutlich, den ein solch globales Handelsnetz damals darstellte.

Eine aufgeklappte Seite aus dem großen Stoffmusterbuch der feinen Gewandschaft. Linksseitig ein handgeschriebener Text in französischer Sprache zu Fabrikationsmethoden und Exportländern. Rechts eine Seite mit neunundfünfzig verschieden farbig gemusterten, kleinen Stoffstückchen.

Stoffmusterbuch der feinen Gewandschaft 1813

Monschau und darüber hinaus

Ein entlang eines Zeitstrahls verschiebbarer Bildschirm führt digital durch die Entwicklung der Stadt Monschau. Von der Blütezeit der Tuchmanufaktur über die Industrialisierung und den Niedergang bis hin zum heutigen Tourismus kann der Zustand der Stadt anhand von Grafiken, Gemälden und Ansichtskarten betrachtet werden.

Den heutigen Spuren der Tuchmacher in der Stadt kann man mit gezielten Blicken durch Guckrohre auf der Terrasse des Hauses nachgehen oder man verfolgt diese über Monschau hinaus beim Anschauen von Kurzvideos zur Wollroute der Euregio Maas-Rhein.

Eine vorgesetzte graue Wand mit der Silhouette von Monschau zeigt grafisch die Entwicklung der Stadt von der Tuchindustrie bis zum heutigen Tourismus. Davor ein seitwärts bewegbarer Monitor, der Bilder und Grafiken der Stadt aus der jeweiligen Periode zeigt.

Monschau – Slider mit Bildern aus 200 Jahren
© LVR-ZMB / Stefan Arendt

Wasser-Reich – der rätselhafte Keller

In blaues Licht getaucht thematisiert dieser Raum das für die Tuchherstellung beim Waschen, Färben und Walken so wichtige und in Monschau besonders weiche Wasser. Lange nannte man diesen Raum den „Färberkeller“, aber inzwischen wird in der Forschung bezweifelt, ob dieser Raum tatsächlich zum Färben benutzt wurde. Daher steht er exemplarisch für die Atmosphäre und Arbeitsbedingungen der Wollwäsche, die im Roten Haus stattfand. Der beengte Raumeindruck, die Geräuschkulisse des vorbeirauschenden Flusses, der Einblick in alte Kanäle und animierte historische Grafiken untermalt mit einer lebensechten Sound-Collage machen den Besuch des Kellers zu einem besonderen Erlebnis.

 

Der Gewölbekeller unter dem Vorhof kann geführt besichtigt werden. Bitte sprechen Sie dazu bei Ihrem Besuch das Personal an der Kasse an.